Artikel

Zukunft des Wohnens: Wie wohnen wir morgen?

Digitalisierung, Klimawandel, wachsende Städte - wie werden wir in Zukunft wohnen?

Die Großstädte wachsen, Wohnraum wird knapper. Die Digitalisierung verändert die Art, wie wir leben, arbeiten und wohnen. Zudem erfordert der Klimawandel nachhaltige Lösungen beim Bauen. Wie kann die Zukunft des Wohnens aussehen?

Auf dem Tempelhofer Feld in Berlin, einst berühmt geworden durch die „Luftbrücke“ der Alliierten, landen schon seit über einem Jahrzehnt keine Flugzeuge mehr. Heute ist das riesige innerstädtische Areal ein öffentlicher Park – und Sinnbild für die Frage, wie die Menschen in einer Großstadt trotz knappen Wohnraums und steigender Preise leben wollen. In einem Volksentscheid stimmten die Berlinerinnen und Berliner dafür, die Fläche zu erhalten und selbst eine Randbebauung nicht zuzulassen.

Man könnte auch sagen: Wohnen ist mehr als ein Dach über dem Kopf zu haben. Es geht auch um Lebensqualität, öffentlichen und Naherholungsraum sowie Naturnähe, um die soziale Mischung in einer Stadt,. Demografischer Wandel, Klimakrise, Individualisierung, Urbanisierung, Digitalisierung, eine Überalterung der Gesellschaft  – die Megatrends unserer Zeit verändern unser Zusammenleben und damit auch das Wohnen. Kreative, vielfältige Antworten sind gefragt.

Hoch hinaus: Verdichten und in den Himmel bauen

Der anhaltende Zulauf in die urbanen Zentren führt angespannten Wohnungsmärkten. Das zwingt die Städte dazu, mehr Wohnraum zu schaffen. Doch Bauen allein in den Außenbezirken ist keine Lösung. Viele Menschen wollen zentral wohnen. Sie schätzen die kurzen Wege, sei es zur Arbeit oder ins Restaurant.

Dabei bieten die innerstädtischen Bereiche durchaus noch Potenziale. Auch wenn nicht unendlich Freiflächen zur Verfügung stehen, liegen oft Areale brach, die man nutzen kann. Es gibt Platz zur Nachverdichtung, zum Beispiel indem man Baulücken schließt, vorhandene Gebäude aufstockt und grundsätzlich stärker in die Höhe baut.

Megacitys wie New York machen das schon lange vor. In Tokio gibt es die Vision für eine Sky City – 1.000 Meter hoch und mit Platz für 35.000 Bewohner und 100.000 Arbeitsplätze. Bei möglichen Verdichtungen der Innenstädte sollte stets bedacht werden, behutsam vorzugehen und Kultur- und Erholungsflächen in ausreichendem Maße zu erhalten.

Weniger ist mehr: Mikroapartments und Minihäuser

Eine Alternative angesichts von Platzmangel und Kostendruck sind Mikroapartments. Oft sind sie nicht mehr als 25 Quadratmeter groß, inklusive Küchenzeile und Bad. Vor allem für Singles, Studenten, Young Professionals und Wochenendpendler können sie attraktiv sein, bieten sie doch Wohnkomfort auf geringster Fläche bei meist zentraler Lage. Der Markt dafür wächst rasant.

Für das sogenannte Downsizing stehen auch die Minihäuser. Neben dem verhältnismäßig preiswerten Bau der Tiny Houses, häufig in Modulbauweise, spielen hier Umweltbewusstsein und Ressourcenschonung eine Rolle. Nicht selten stehen diese Häuser auch auf Rädern und erfüllen damit den Wunsch vieler Menschen nach ortsunabhängigem Wohnen.

Naturverbunden und klimabewusst: Green Living

Wenn es um das städtische Wohnen geht, reichen Lage und Infrastruktur nicht mehr als Argumente aus. Menschen wollen heute auch gesünder und nachhaltiger wohnen, in lebenswerten Nachbarschaften, in Verbindung zur Natur, mit sauberer Luft und attraktiven Parkanlagen. Der Trend zum Urban Gardening ist nur ein Beispiel: kleine städtische Gemeinschaftsgärten, zum Teil auf Häuserdächern, in denen man Obst und Gemüse anbaut und sich zur Entspannung trifft.

Vor dem Hintergrund der Klimaveränderungen gewinnt zudem die ressourcenschonende Nutzung von Wohnimmobilien an Bedeutung. Dazu gehört die Verwendung nachhaltiger oder recycelter Materialien genauso wie die Energieeffizienz. Statt nur Energie einzusparen wie bei Passivhäusern, liegt die Zukunft in Aktivhäusern.

Diese produzieren ihren gesamten Energiebedarf selbst, etwa über Solaranlagen, und dazu noch Überschüsse. Ob man damit das E-Auto auflädt, das Nachbarhaus mitversorgt oder die überschüssige Energie ins Stromnetz einspeist – Möglichkeiten gibt es viele.

Wesentlicher Baustein solcher Plusenergiehäuser ist die intelligente digitale Vernetzung der Gebäude. Der Verbrauch wird reduziert, indem sich beispielsweise Raumtemperatur und Beleuchtung automatisch an das Wetter anpassen.

Alles digital: Smart Homes und technische Assistenzsysteme

Im Zentrum der digitalen Vernetzung des Wohnraums stehen Smartphone und Tablet. Mit ihnen lässt sich längst nicht mehr nur kommunizieren, sondern auch Musik abspielen, das Thermostat einstellen, Jalousien bewegen oder Alarmsysteme steuern – selbst wenn die Bewohner gar nicht zu Hause sind.

In Smart Homes steckt aber noch eine weitere Chance: Technische Assistenzsysteme können etwa ältere Menschen darin unterstützen, möglichst lange selbstständig in den eigenen vier Wänden zu leben. Denn Lösungen wie automatische Herdabschaltungen oder Meldesysteme bei Stürzen unterstützen die Eigenständigkeit und verbessern das Sicherheitsgefühl und die Sicherheit der Bewohner.

Wohnen auf Zeit: Co-Living und Serviced Apartments

Die Digitalisierung fördert auch das flexible, mobile Arbeiten. Seit Jahren nimmt die Zahl der Freiberufler zu. Oft ist von „digitalen Nomaden“ die Rede, die nicht an einen festen Arbeitsplatz gebunden sind und projektbasiert arbeiten – heute hier, morgen dort.

Neben dem Co-Working, bei dem sie sich einen Arbeitsplatz stunden- oder tageweise mieten, wird das Co-Living zunehmend attraktiv: Ähnlich einer Erwachsenen-WG mieten Selbstständige oder Gründer eine modern eingerichtete Wohnung, in der sie zusammen leben, arbeiten und sich kreativ austauschen. Miete, Nebenkosten, Reinigung und Highspeed-Internet sind im Komplettpaket enthalten.

Auch sogenannte Serviced Apartments, die die Vorzüge von Hotel und Wohnen vereinen, gewinnen an Bedeutung. Sie sind komplett möbliert, mit einer Kitchenette ausgestattet, können für kurze Aufenthalte bis hin zu mehreren Monaten gebucht werden und bieten hotelähnliche Services wie etwa die Reinigung der Wohnung.

Fünf Jahre liegt der Volksentscheid zum Tempelhofer Feld nun zurück. Die Debatte über eine mögliche Bebauung der Ränder ist längst wieder aufgeflammt. Wie auch immer sie ausgeht, die Zukunft des Wohnens ist so vielfältig wie die heutigen Arbeits- und Lebensmodelle. Die Wahlmöglichkeiten sind größer geworden – die Entscheidungen nicht unbedingt einfacher.