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Zahl der Woche: 248

248 Abgeordnete klagen gegen den Mietendeckel

Befürworter sehen im Berliner Mietendeckel ein Instrument gegen zu hohe Mieten, Gegner schlicht einen unzulässigen Eingriff in die Vertragsfreiheit. 248 Bundestagsabgeordnete der CDU/CSU und FDP haben deshalb am 6. Mai eine Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht gegen den Berliner Mietendeckel eingereicht. Das sind 40 Prozent aller Parlamentarier. Für eine Normenkontrollklage wäre nur das Votum von 25 Prozent der Mitglieder des Deutschen Bundestages nötig gewesen. Zu den Unterstützern gehören alle FDP-Abgeordneten sowie 204 der 246 Unionsabgeordneten. Mitglieder anderer Parteien hatten die Initiatoren nicht gefragt. Grundsätzlich befürworten die Fraktion der Linken im Bundestag sowie Teile der SPD den Mietendeckel. Ende Mai haben nun zusätzlich die Fraktionen der FDP und CDU im Berliner Abgeordnetenhaus eine Normenkontrollklage vor dem Verfassungsgerichtshof in Berlingegen das Gesetz eingereicht.

Worum geht es?

Der Mietendeckel ist am 23. Februar 2020 in Berlin in Kraft getreten. Seitdem sind die Mieten für 1,5 Millionen Wohnungen in Berlin auf dem Stand vom Juni 2019 eingefroren. Ab 2022 dürfen sie höchstens um 1,3 Prozent jährlich steigen. Wird eine Wohnung wieder vermietet, muss sich der Vermieter an neue, vom Staat festgelegte Obergrenzen und die zuletzt verlangte Miete halten. Die Obergrenzen liegen zwischen 3,92 Euro und 11,80 Euro je Quadratmeter, abhängig von Baujahr und Zustand der Immobilie. Dies gilt für alle Wohnungen außer Neubauten, die neu vermietet werden.

Warum klagen die Abgeordneten gegen den Mietendeckel?

Der zentrale Einwand der Normenkontrolle ist, das dem Land Berlin keine Gesetzgebungskompetenz für eigene wohnrechtliche Maßnahmen zukomme. Die Abgeordneten, die die Klagen eingebracht haben, kritisieren, dass das Gesetz einen unzulässigen „Übergriff in die Kompetenz des Bundesgesetzgebers“ darstelle. Sie warnen davor, dass die von einem Bundesland verfügten gesetzlichen Regulierung der Mieten bestehende Regelungen des Bundes zum Mieterschutz wie die Mietpreisbremse verdrängen würden. Entsprechend sei nicht klar, ob Bundes- oder Landesrecht gelte.

Die Argumente der Antragsteller stützen sich auf das Grundgesetz, wonach "Bundesrecht Landesrecht bricht" (Artikel 31 GG). Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bestimme bereits umfassend und ausreichend die Rechte und Pflichten zwischen Vermietern und Mietern.

Sowohl auf der Befürworter- als auch der Gegnerseite ist die Hoffnung groß, dass es zeitnah ein Votum der Verfassungsrichter gibt. Denn das Gesetz sorgt auf Mieter- wie auf Vermieterseite für erhebliche Unsicherheiten. Auch Berlins Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher (Linke), die die Einführung des Mietendeckels in ihrer Funktion verantwortet, zeigt sich für die gerichtliche Überprüfung offen: „Wir (…) begrüßen die notwendige Klärung, um die bestehende Unsicherheit bei Mieterinnen und Mietern zu beenden.“

Experten warnen davor, dass das Gesetz für sozialen Unfrieden sorgt und Investitionen in die Berliner Bausubstanz hemmt. So könnten der dringend benötigte Neubau aber auch der alters- und klimagerechte Umbau von Wohnungen ins Stocken geraten, da Investitionen von Seiten gewerblicher und privater Eigentümer zurückgehalten werden. Wann die Gerichte über den Berliner Mietendeckel entscheiden werden, ist aktuell noch unklar.

Mietendeckel verfeht Wirkung

Insgesamt liegen zum Stichtag 30. April mit 91,4 Prozent weiterhin fast alle der in Berlin angebotenen Bestandswohnungen über den Obergrenzen des heute durch die Normenkontrollklage in Frage gestellten Berliner Mietobergrenzengesetzes („Mietendeckel“). Das Angebot an Mietendeckel-konformen Mietwohnungen stagniert auf einem sehr niedrigen Niveau. Dies ergab eine aktuelle Datenanalyse von ImmoScout24. Damit stellen sich auch zwei Monate nach Inkrafttreten des Berliner Mietendeckels nicht die gewünschten Effekte der Berliner Regierung ein, mehr preiswerten Wohnraum zu schaffen.

Gut neun von zehn der angebotenen Berliner Bestandswohnungen liegen über dem Mietendeckel. Das kommt verstärkt durch ein sogenanntes „Zwei-Mieten-Modell“ zustande. Scheinbar geben Vermieter vermehrt zwei Mietpreise in den Inseraten an. Zum einen die Miete, welche auf dem Markt ohne Mietendeckel verlangt werden würde und im Freitext eine geringere „Mietendeckel-konforme“ Miethöhe. Die Vermieter begegnen auf diese Weise der Rechtsunsicherheit im Hinblick auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, ob das Mietendeckelgesetz für verfassungskonform erklärt wird oder nicht.

Angebot auf ImmoScout24 vielfältig trotz Mietendeckel und Corona-Pandemie

Das Wohnungsangebot über den gültigen Obergrenzen des Mietendeckels hat seit dem 20. Februar 2020 (kurz vor Inkrafttreten des Mietendeckels) bis zum 30. April um 41,9 Prozent abgenommen. Vermieter entfernten demnach einen Teil, der bisher über den zulässigen Obergrenzen angebotenen Objekte aus dem Angebotsbestand. Seit dem 26. März gibt es eine Gegenbewegung: So stieg das Angebot, welches über dem Mietendeckel liegt, um 23,7 Prozent wieder deutlich an. Das Gesamtangebot auf ImmoScout24 für denselben Zeitraum in Berlin stieg um knapp 6 Prozent. Dies ist vor allem auf das Sofortprogramm “Listing Plus” von ImmoScout24 zur Abfederung der Corona-Pandemie zurückzuführen. Private Anbieter können seit dem 27. März kostenlos auf ImmoScout24 inserieren.

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Gleichzeitig ist auch das Angebot an unvermieteten Eigentumswohnungen in den letzten Wochen weiter angestiegen. Seit dem Stichtag 18. Juni 2019 stieg es bis zum 30. April 2020 um 42,7 Prozent, seit dem Zeitpunkt kurz vor Inkrafttreten des Mietendeckels bis zum Stichtag um 12 Prozent.

Berliner Randlagen liegen deutlich über den Obergrenzen des Mietendeckels

Im Ortsteil Friedrichshain lagen zum Erhebungsstichtag (30. April) alle aktuell angebotenen Wohnungen auf dem größten Immobilienportal Deutschlands über dem Mietendeckel. Mit durchschnittlich 11,99 Euro pro Quadratmeter ist die Differenz zur zukünftig geforderten Obergrenze am größten. Zuvor war die Differenz in Mitte immer am höchsten. Doch mit 11,78 Euro pro Quadratmeter in Mitte liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis weiterhin deutlich über den Höchstgrenzen. Auch in Kreuzberg und Prenzlauer Berg liegen alle Angebote über den Höchstgrenzen. Die geringsten Differenzen gibt es in Lichtenrade mit 2,37 Euro pro Quadratmeter und Hellersdorf mit 2,27 Euro pro Quadratmeter.

Doch auch in der Berliner-Randlage Köpenick liegen 69,70 Prozent und in Lichterfelde 94,74 Prozent der angebotenen Mietwohnungen über den Obergrenzen des Mietendeckel-Gesetzes. Im Durchschnitt überschreiten Vermietende die zulässige Miethöhe mit den angegebenen Preisen in den Inseraten aber immer noch um 3,50 Euro in Köpenick oder um 3,44 Euro pro Quadratmeter in Lichterfelde.