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Städtebauförderung: Potentiale nutzbar machen – wie geht das?

Leerstehende Gebäude in der Innenstadt wieder sinnvoll nutzen und dabei das Klima schützen.

Es war ein Fall, der im Frühsommer Schlagzeilen machte: Nachdem ein Hausbesitzer im Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf ein Mehrfamilienhaus zwanzig Jahre nicht saniert hatte, entschloss sich die Stadt dazu, ihn vorübergehend zu enteignen. Nun wird das inzwischen lange unbewohnte Haus von einem Treuhänder renoviert; die Kosten sollen dem Eigentümer in Rechnung gestellt werden.

Das Gesetz gewährt den städtischen Bezirken mehr Eingriffsrechte – Leerstand müssen sie etwa nur noch für drei Monate dulden. Wollen Eigentümer ihre Immobilien darüber hinaus unbewohnt lassen, müssen sie einen Antrag stellen. Andernfalls drohen Zwangsgelder. Zudem können die Bezirke über das Verwaltungsgericht die Wiederherstellung von Wohnraum durchsetzen – als letztes Mittel ist es der Stadt dann möglich, einen Treuhänder einzusetzen, der die Immobilie auf Kosten des Eigentümers sanieren lässt, wie im vorliegenden Fall.

Mehr Eingriffsrechte für die Bezirke

Das Haus in Steglitz-Zehlendorf könnte ein Präzedenzfall werden, denn bundesweit gibt es immer wieder solche Geisterhäuser, die allmählich verfallen; und das trotz zentraler Lage. Oft sind Spekulationen und der Wunsch des Vermieters, höchstmögliche Renditen zu erzielen, verantwortlich für den Leerstand. Oder das Grundstück soll neu bebaut werden; auch dann muss das alte Haus zunächst leer stehen, bevor es abgerissen werden darf.

Ein anderer Grund kann auch sein, dass den Eigentümern das Geld für nötige Sanierungsmaßnahmen fehlt, oder sie sind aufgrund hoher Renditen aus anderen Immobilienvermietungen nicht auf die Vermietung angewiesen. Doch ganz gleich welche Ursache im einzelnen Fall auch vorliegen mag – Fakt ist, dass durch den Leerstand dringend benötigter Wohnraum in den Innenstädten verhindert wird.

Dank Städtebauförderung von der Brache zur Wohnfläche

Es sind aber nicht nur leerstehende Mietshäuser, die Wohnraum blockieren; hinzu kommen urbane Brachflächen, die sich vielerorts gebildet haben und nicht nur das Stadtbild verschandeln, sondern sich oftmals auch zu einem Anziehungspunkt für Kriminalität und Drogenhandel entwickeln.

Ein prominentes Beispiel ist beziehungsweise war das „Wiener Loch“, eine Baugrube vor dem Dresdner Hauptbahnhof, die jahrelang ungenutzt blieb, nachdem in der Post-Wende-Zeit mehrere Investoren abgesprungen waren. Inzwischen steht auf dem Grundstück das siebenstöckige „Prager Carree“, ein Wohn- und Handelskomplex mit 241 Wohnungen und zehn Geschäften.

Nun lässt sich über die Originalität des Baus sicherlich diskutieren; was man aber anerkennen muss: Auf einer jahrelang ungenutzten Brache ist neue Wohnfläche entstanden – und das mitten in der Innenstadt. Eine weitere Möglichkeit also, um bestehende Flächen zu reaktivieren und neu zu nutzen.

790 Millionen für Städtebauförderung

Genau das wird von der Bundesregierung auch verlangt, wenn sie in dieser Legislaturperiode die Rekordsumme von 790 Millionen Euro pro Jahr für die Städtebauförderung zur Verfügung stellt. Vor dem Hintergrund des aktuellen Wohnraumbedarfs fordert der Bundestag jedenfalls nicht nur eine strategische Verknüpfung der Wohnungsbauförderung mit der Städtebauförderung, sondern gezielt auch „eine Revitalisierung von brachliegenden Industrie- und Gewerbeflächen im Hinblick auf die Altlastensanierung.“

Hier kommen drei Gründe, warum es sich für Politik, Bürger, Eigentümer und Investoren gleichermaßen lohnt, bestehende Brachen oder leerstehende Mietshäuser wieder bewohnbar zu machen:

  • Die Politik spart Geld: Zusätzliche Ausgaben für Schulen und Kindergärten, aber auch für Infrastrukturprojekte in Außenbereichen können verringert beziehungsweise vermieden werden.
  • Die Eigentümer sparen Geld: Insbesondere Brachflächen verursachen für die Eigentümer Kosten. Für Unterhaltung und Verkehrssicherung, Anschlussgebühren, Grundsteuern und Versicherungen oder durch Verpflichtungen zur Gefahrenabwehr. Es lohnt sich deswegen auch für Eigentümer, wenn sie die Fläche wieder nutzen; zumal Erschließungskosten durch die Nutzung vorhandener Infrastruktur vermieden werden können und das Leerstandrisiko bei einer breiten Nutzung gering ist.
  • Die Nutzung von innerstädtischen Brachflächen und die Wiedervermietung von leerstehenden Mietshäusern sind gut fürs Klima: Eine Neubebauung auf der „grünen Wiese“ verbraucht natürliche Ressourcen – die Erhaltung ursprünglicher Landschaftsräume ist aber wichtig: Sie sind ein Lebensraum für Pflanzen und Tiere; außerdem dienen Landschaften der Erholung. Zudem kann durch die Reaktivierung von innerstädtischen Brachflächen der Verkehr und damit der CO2-Ausstoß vermindert werden, weil sich die Wege verkürzen.