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Schlusslicht: Deutschland bleibt Mieterland

Eigentumsquote weiterhin gering

In Deutschland schätzen es viele Menschen zur Miete zu wohnen – sie bleiben flexibel, verschulden sich nicht und um die Instandhaltung kümmern sich Vermieter:innen. Doch auch „die eigenen vier Wände“ bieten Vorteile: Wer in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus wohnt, spart Miete, bildet Vermögen und schützt sich vor Altersarmut. Und: Wohneigentümer:innen sind mit ihrer Situation häufig glücklicher als Mieter:innen, weil sie unabhängiger – etwa von Vermieter:innen – sind und die Freiheit haben, das eigene Lebensumfeld individuell gestalten zu können.

Die Hälfte der Deutschen sind Mieter:innen

Dennoch ist Deutschland beim Wohneigentum Schlusslicht in der EU. Gerade mal die Hälfte aller Bundesbürger:innen (50,4 Prozent) lebten im Jahr 2020 in eigenen Immobilien. Europäischer Spitzenreiter ist Rumänien mit 96,1 Prozent. Aber auch vergleichbare Länder wie Spanien (75,1 Prozent), Italien (72,4 Prozent), die Niederlande (69 Prozent), Frankreich (64 Prozent) und das frühere EU-Mitglied Vereinigtes Königreich (65,2 Prozent) liegen deutlich vor Deutschland.[1]

Geringe Eigentumsquote in Großstädten

Woran liegt das? Einerseits hat Deutschland eine ausgeprägte "Mieterkultur", vor allem in den urbanen Ballungsräumen. In fast allen Großstädten ist die Eigentumsquote deutlich geringer als in den ländlich geprägten Bundesländern. So leben nur etwa 17 Prozent der Berliner:innen in eigenen vier Wänden, dafür aber 52 Prozent aller Menschen in Baden-Württemberg – womit das „Land der Häuslebauer“ allerdings auch nur knapp über dem Bundesschnitt liegt.

Scheu vor hohen Baukosten

Der wichtigste Grund für die niedrige Eigentumsquote: Bauen in Deutschland ist zu teuer. Bei den Baukosten liegt Deutschland im internationalen Vergleich ganz oben. Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Preise im letzten Jahr weiter kräftig an. So lag der so genannte Häuserpreisindex im dritten Quartal 2021 durchschnittlich 12 Prozent über dem Vorjahreswert.

Dass Bauen so teuer ist (und immer teurer wird), hat auch mit der traditionell sehr massiven Bauweise in Deutschland, den immer höheren energetischen Anforderungen und nicht zuletzt mit den stark gestiegenen Rohstoff- und Baustoffpreisen zu tun. Aber nicht nur. Denn auch für den Staat ist jeder Neubau eine lukrative Einnahmequelle. So verdient die öffentliche Hand an den Erschließungskosten für Baugrundstücke und vor allem an der Grunderwerbssteuer, die je nach Bundesland zwischen 3,5 und 6,5 Prozent liegt. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (iw) hat ergeben, dass Immobilienkäufer:innen in Deutschland durchschnittlich 5,5 Monatsgehälter für die Grunderwerbssteuer aufwenden – und allein dafür (ebenfalls im Durchschnitt) vier Jahre sparen müssen[2].

Maßnahmen der neuen Bundesregierung

Die neue Bundesregierung ist nicht nur mit dem Versprechen angetreten, jährlich 400.000 Wohnungen zu bauen, sondern auch die Bildung von Wohneigentum zu vereinfachen. Konkret sollen serielles und modulares Bauen, aber auch die Vereinfachung der Planungs- und Genehmigungsverfahren zu einer Senkung der Baukosten für alle Bauherr:innen führen. Zudem plant die Ampel-Koalition spezielle Darlehen, um jungen Familien mit wenig Eigenkapital zum Kauf zu verhelfen. So genannte "Schwellenhaushalte", die Anspruch auf Wohnraumförderung haben, sollen "langfristig z.B. mit Tilgungszuschüssen und Zinsverbilligungen" unterstützt werden.

Stichwort Grunderwerbssteuer: Diese will die Koalition durch die Länder "flexibler" gestalten lassen und einen Freibetrag erlauben – ohne sich bislang auf eine konkrete Summe festzulegen. Die FDP hatte hier in ihrem Wahlprogramm einen Betrag von 500.000 Euro beim Erstkauf einer Immobilie ins Spiel gebracht. Finanziert werden soll die Erleichterung durch das „Schließen von steuerlichen Schlupflöchern beim Immobilienerwerb von Konzernen“, die so genannten „Share Deals“.

Dass solche Maßnahmen wirken, zeigt ein Blick zu unseren Nachbarn: Großbritannien hat die (ansonsten sehr hohe) Grunderwerbssteuer zum Kauf kleiner und günstiger Wohnungen deutlich gesenkt. Frankreich bietet Sozialdarlehen zur Immobilienfinanzierung, und in den Niederlanden greift eine Ausfallversicherung bei Hypothekendarlehen. In all diesen Ländern liegt die Eigentumsquote deutlich höher als in Deutschland.