Berliner Mietendeckel ebnet den Weg für andere Bundesländer
Berlin hat per Gesetz die Mieten für fünf Jahre eingefroren. Damit sollen vor die starken Mietpreissteigerungen der vergangenen Jahre gebremst werden. Nach einer aktuellen Analyse von ImmoScout24 lagen seit Anfang 2019 bis Mitte März 2020 noch 92,4 Prozent der Mietangebote über den erlaubten Mietobergrenzen des Mietendeckels.
CDU und FDP wollen aktuell den Mietendeckel vom Bundesverfassungsgericht prüfen lassen. Sie sprechen dem Land Berlin die Gesetzeskompetenz für eine solche Maßnahme ab.
Bereits Mitte Februar hatte die höchstrichterliche Instanz Eilanträge von Vermietern gegen den Mietendeckel abgewiesen, da die Anträge zu früh eingereicht worden seien. Das Berliner Amtsgericht von Charlottenburg hat in erster Instanz das Gesetz bereits für ungültig erklärt. Es ging um die Erhöhung der Miete nach dem Stichtag 18. Juni 2019. Das Gericht entschied, dass das Mieterhöhungsverlangen nicht durch den Mietendeckel ausgeschlossen sei. Der landesrechtliche Mietendeckel könne das vorrangige Bundesrecht nicht außer Kraft setzen. Auch das generelle Rückwirkungsverbot bezüglich der Stichtagsregelung sei unzulässig. Derzeit laufen verschiedene Klagen vor Berliner Amtsgerichten und die höchstrichterliche Entscheidung vom Bundesverfassungsreicht steht auch noch aus. Damit sorgt der Mietendeckel für viel Unsicherheit im Mietwohnungsmarkt.
Sollte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe den Mietendeckel bestätigen, könnte die Hauptstadt als Vorbild gelten. Ein Mietendeckel in weiteren Bundesländern wäre dann denkbar.
Wie stehen die einzelnen Bundesländer zum Mietendeckel?
Bayrisches Volksbegehren zum Mietenstopp in den Startlöchern
Wenn es nach dem Mieterverein München geht, kommt die Mietenbegrenzung auch bald für Bayern. Im Sommer 2019 hat der Verein dafür eine Unterschriftenaktion gestartet, um ein Volksbegehren unter dem Motto “Uns ! Mieten-Stopp in Bayern!” auf den Weg zu bringen. 25.000 Unterschriften waren nötig, rund 52.000 haben unterschrieben. Der Antrag für das Volkbegehren konnte der Verein im Februar einreichen. Er muss nun zugelassen werden, damit sich Stimmberechtigte in Bayern in die Liste für den Gesetzesentwurf eintragen können. Tun dies mindestens 10 Prozent, entscheidet der bayrische Landtag, ob er den Gesetzesentwurf annimmt. Lehnt der Landtag ab wird mit einem Volksbegehren mit “Ja” oder “Nein” über den Entwurf abgestimmt.
Im Rahmen des Mietenstopps soll es in 162 bayrischen Städten und Gemeinden für sechs Jahre keine Mieterhöhungen geben. Ausgenommen sind Neubauten ab 2017 sowie besonders günstige Wohnungen. Sie dürften bei Neuvermietung an die ortsüblichen Vergleichsmieten angepasst werden. Eine Mietenabsenkung wie im Berliner Modell ist hingegen nicht vorgesehen.
Baden-Württemberg – Wohnungen begehrt und teuer
Wohnraum in Baden-Württemberg ist begehrt und teuer. In keiner anderen deutschen Großstadt sind Wohnungen so schnell wieder vom Markt wie in Stuttgart. Eine Anfrage der Linken ergab zudem, dass Wohnraum auch in kleineren Mittelstädten wir Biberach an der Riß, Leinfelden-Echterdingen oder Fellbach sehr kostspielig ist.
Seit November 2015 gilt in 68 Städten und Gemeinden die Mietpreisbremse. Sie wurde erst kürzlich bis 2025 verlängert. Bis dahin dürfen Mieten bei Neuvermietung höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Ausgenommen sind Neubauten und umfassend sanierte Wohnungen. Einen Mietendeckel schließt die schwarz-grüne Regierung allerdings aus. Dieser würde einen zu hohen bürokratischen Aufwand verursachen und keinen neuen Wohnraum schaffen. Man konzentriere sich deshalb lieber auf die Förderung des Wohnungsbaus, so die Baden-Württembergische Wirtschaftsministerin.
Brandenburgs Regierung uneins über die Einführung eines Mietendeckels
Brandenburgs Landeshauptstadt Potsdam wächst seit Jahren. Nach den letzten Auswertungen vom Amt für Statistik im September 2019 zählt die Stadt mittlerweile knapp 180.000 Einwohner, 25.000 mehr als noch 2011. Allein 2018 sind knapp 16.000 Berliner ins Brandenburger Umland gezogen. Die Nähe zu Berlin trägt dazu bei, dass auch die Mietpreise steigen. Das gilt nicht nur für Potsdam, sondern ebenso für andere Landkreise im Berliner Speckgürtel.
Einen Mietendeckel lehnt der Brandenburger Infrastrukturminister von der CDU aber ab. Er setzt lieber auf eine „Wohnungsbauoffensive“ und will jährlich 100 Millionen Euro in den sozialen Wohnungsneubau investieren. Die Links-Opposition hingegen sieht im Mietendeckel ein geeignetes Instrument im Kampf gegen steigende Mieten.
Bremen sieht die Hauptstadt als Vorreiter und will abwarten
Die Bremer Landesregierung aus SPD, Grünen und Linken hat sich im Koalitionsvertrag dem Grunde nach auf einen befristeten Mietendeckel für die Hansestadt verständigt, sofern die Mietenentwicklung dies erfordert. Berlin gilt hier als Vorreiterrolle. Derzeit lehnen die Grünen allerdings eine solche Mietenregulierung wieder ab. Die beiden anderen Regierungsparteien positionieren sich eher für den Mietendeckel.
Hamburg setzt auf Wohnungsneubau und der Novellierung des Mietrechts
Die Mehrheit der Hamburger sprechen sich nach einer aktuellen Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des NDR zur Bürgerschaftswahl am 23. Februar 2020 für eine höhere staatliche Mietenregulierung wie einen Mietendeckel aus. Die Hamburger Linken fordern ebenfalls einen Mietendeckel, der die Miethöhe begrenzt. Hamburgs SPD und Grüne prognostizieren, dass das Berliner Modell nicht dem Verfassungsgericht standhält und wollen stattdessen das Mietrecht novellieren. Peter Tschentscher (SPD), der regierende Bürgermeister der Hansestadt Hamburg, ist gegen einen Mietendeckel. Ein Mietenstopp untergrabe die Investitionsbereitschaft und sei das falsche Mittel den Mietmarkt zu entlasten. Er setzt auf Wohnungsneubau.
Hessens SPD favorisiert “intelligenten” Mietenstopp
Die Hessische SPD möchte die Mietpreissteigerung stoppen und fordert, dass die Mieten zukünftig nur noch jährlich um ein Prozent steigen dürfen – bzw. nur in Höhe der Inflationsrate. Neubaumieten sollen sich am Markt orientieren. Neu dabei ist nun, dass ein Rechtsgutachten bekräftigt, dass der Eingriff in die Preisgestaltung am Mietwohnungsmarkt zulässig sei. Der Vorschlag soll damit in den Landtag eingebracht werden. Die Bestandsmieten sollen hingegen nicht gesenkt werden. Mieten, die sich oberhalb von 80 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete befinden, sollen fünf Jahre nicht erhöht werden dürfen. CDU und Grünen lehnen den Vorstoß ab – den Linken geht der Vorstoß nicht weit genug.
Mecklenburg-Vorpommern – Mietendeckel sei unverhältnismäßig
Im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, das von einer Koalition aus SPD und CDU regiert wird, geht die Bevölkerungsanzahl seit mehreren zurück. Der Zuzug in den Nordosten kann die wenigen Geburten im Land nicht ausgleichen. Für die SPD sei der Mietendeckel “keine Option”. Die Lage am Mietwohnungsmarkt im nord-östlich gelegenen Bundesland sei nicht mit Berlin vergleichbar, um einen Mietendeckel zu rechtfertigen. Ähnlich sieht das auch die Linke in Mecklenburg-Vorpommern. Für Berlin sei das Regulierungsinstrument eine Möglichkeit die steigenden Mieten zu senken – für Mecklenburg-Vorpommern sei das “unverhältnismäßig”, so die Landtagsabgeordnete Eva-Maria Kröger (Linke).
Niedersachsen als Fürsprecher für den Mietendeckel
In Niedersachsen fordern die Linken vehement einen Mietendeckel nach Berliner Vorbild. Die aktuellen Mieten sollen als Sofortmaßnahme nach Berliner Vorbild für fünf Jahre eingefroren und zugleich regionale Höchstmieten festlegt werden.
Nordrhein-Westfalen – mehr Wohnungsbau und Klimafokus statt regulierter Mieten
Die schwarz-gelbe Landesregierung lehnt einen Mietendeckel ab. Vielmehr fordert die Bauministerin Scharrenberg (CDU) mehr Wohnungsbau. Ein Mietendeckel – wie in Berlin – behindere eher Investitionen und damit das Erreichen der Klimaziele im Gebäudesektor.
Rheinland-Pfalz setzt auf Mietpreisbremse statt Mietendeckel
Auch in Rheinland-Pfalz steigen vielerorts die Mieten. Eine Preisanalyse des Hamburger Instituts Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt kam zu dem Ergebnis, dass Mainz zu den Top Ten der Städte mit dem höchsten Mietanstieg zählt. Doch das Bundesland setzt lieber auf die Nachbesserung der Mietpreisbremse, anstatt die Mieten zu deckeln.
In Sachsen ist der Mietendeckel nicht in Sicht
In Sachsen ist nicht mit der Einführung eines Mietendeckels zu rechnen. Die SPD hat gedeckelte Mieten in ihr Programm aufgenommen. Aber als kleinster Partner in der Koalition mit den Grünen und der CDU, ist mit keiner schnellen Einigung zu rechnen.
Sachsen-Anhalt – Mietendeckel ist kontraproduktiv
Die Landeshauptstadt Magdeburg und die kreisfreie Stadt Halle zählen zu den „Schwarmstädten“. Angezogen von einem dynamischen Unternehmens- und Hochschulangebot zieht es vor allem die junge Generation in die beiden Städte. Das Wohnungsangebot wird immer knapper und die Mietpreise steigen. In Magdeburg wird zunehmend hochpreisiger Wohnraum geschaffen, was die Wohnungsknappheit noch verschärft. Der Landespräsident Haus & Grund von Sachsen-Anhalt sieht mit dem Mietendeckel langfristig kontraproduktive Folgen für die Wohnungsmärkte.
Das Saarland ist sich uneins bezüglich des Mietendeckels
Das Saarland liegt im Südwesten von Deutschland und ist das bevölkerungsreichste Bundesland nach Nordrhein-Westfalen. Die Regierung aus CDU und SPD plant keinen Mietendeckel nach Berliner Vorbild. Im Saarland gäbe es noch keine vergleichbaren Verhältnisse wie in der Bundeshauptstadt. Die Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) sieht in gesetzlich festgelegten Obergrenzen nicht den „richtigen Weg”. Die Linke hält dagegen und spricht von einer „guten Lösung”.
In Schleswig-Holstein wurde die Mietpreisbremse abgeschafft
Als erstes Bundesland hat Schleswig-Holstein die Mietpreisbremse abgeschafft. Der Oberbürgermeister von Kiel Ulf Kämpfer (SPD) ist allerdings skeptisch, ob eine Aufhebung die rasant steigenden Mieten stoppen werde. Auch der Bürgermeister der Gemeinde Sylt, Nikolas Häckel (parteilos) sagte, das Signal in Schleswig-Holstein „sei fatal”. Auch die SPD und der Mieterbund halten die Abschaffung für einen Fehler, während sich die Wohnungswirtschaft, CDU und FDP für die Entscheidung aussprechen.
Thüringen – Kappungsgrenzen gegen starke Mieterhöhungen in Erfurt
Das thüringische Erfurt führte Kappungsgrenzen ein, um Mietsteigerungen zu begrenzen. Nur noch alle drei Jahre dürfen Vermieter die Mieten für Bestandwohnungen um maximal 15 Prozent anheben. Bundesweit liegt die Grenze bei 20 Prozent. Damit ist Erfurt die erste Stadt mit einer abgesenkten Kappungsgrenze. Auch für Jena wird ein solches Vorgehen geprüft. In beiden Städten ist Wohnraum knapp. Die Mietpreisbremse gilt hier bereits. Allerdings begrenzt sie nur die Miethöhen bei Neuvermietungen auf maximal 10 Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete.