Zahl der Woche: 55 Prozent der Deutschen sind Mieter

Eigentümerquote: Deutschland im europäischen Vergleich
Nur knapp 45 Prozent der Deutschen leben in Wohneigentum. 55 Prozent der Haushalte zahlen Miete (laut der Bestandszahlen der LBS 2018; Quelle: Euroconstruct/ifo). Im Gegensatz dazu leben zwei von drei Franzosen und sogar drei von vier Spaniern im Eigenheim, bei uns nicht mal jeder Zweite. Norwegen, Polen und Tschechien führen die Rangliste an. Deutschland bildet weiterhin das Schlusslicht der Immobilienbesitzer im EU-Vergleich. Nur die Schweiz hat noch weniger „Eigenheimer“ als wir.

Schaut man innerhalb Deutschlands, sieht man, dass besonders die Stadtstaaten Hamburg und Berlin beim selbstgenutzten Wohneigentum deutlich unter dem nationalen Durchschnitt liegen. In Berlin sind es nur 16 Prozent. Im Südwesten hingegen, mit dem Saarland an der Spitze, gefolgt von Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern, besitzt jeder Zweite ein Eigenheim. Die Mieter in Deutschland wenden durchschnittlich mehr als ein Viertel ihrer Nettoeinkommen für die Mietzahlungen auf (bruttokalt). Bei alleinlebenden Singles sind es sogar um die 30 Prozent. Deutschland hat eine hohe Kaufkraft, die Wirtschaft boomt, warum ist die Zurückhaltung beim Erwerb eines Eigenheims immer noch so groß?

Kaufnebenkosten sind zu hoch
Immobilienkäufer sehen sich in Deutschland mit hohen Erwerbsnebenkosten konfrontiert. So berechnet Bayern 3,5 Prozent Grunderwerbssteuer auf den Kaufpreis, Berlin 6 Prozent und Nordrhein-Westfalen sogar 6,5 Prozent. Das sind je nach Kaufpreis schnell fünfstellige Beträge. Hinzu kommen 1,4 Prozent Notargebühr sowie ggf. eine Provision für einen vermittelnden Makler, die Maklercourtage. Diese Kaufnebenkosten treiben die ohnehin sehr große Investition in ein Eigenheim weiter in die Höhe.

Wenig Ersparnisse
 „90 Prozent der Mieter haben weniger als 50.000 Euro an Ersparnissen“, sagt Professor Michael Voigtländer, Immobilienexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Da wird es schwierig mit der Anschaffung des Eigenheims, wo doch die Faustregel besagt, man sollte mindestens 20 Prozent an Eigenkapital einbringen. Damit steht und fällt die Finanzierung. Besonders in Großstädten wie Hamburg, Berlin und München kommt man ohne entsprechende „Polster“ nicht weit.

Mieten oder Kaufen?

Warum ist Miete so beliebt?
Es gibt auch Gründe, die für die Miete sprechen: Deutschland hat einen hohen Kündigungsschutz, die Bauqualität der Wohnungen einen hohen Standard und Mieter behalten eine hohe Flexibilität im Hinblick auf einen Wohnortwechsel. Haushalte anderer europäischer Länder sind mit ihrer Umgebung deutlich mehr verwurzelt, hier spielt der Aspekt der Sesshaftigkeit eine entscheidende Rolle. Zu guter Letzt, der Sozialstaat in Deutschland sorgt dafür, dass bislang noch ein Grundstock an Sozialwohnungen besteht und bedürftige Mieter mit dem Wohngeld unterstützt werden.

Der Weg in die eigenen vier Wände
Besonders junge Familien verspüren den Wunsch nach den eigenen vier Wänden und dafür gibt es gute Gründe. Neben dem Bedürfnis, sich seine individuelle Wohnumgebung zu schaffen, macht man sich vor allem unabhängig: Denn steigende Mietpreise, Wohnungsmangel und Kündigung wegen Eigenbedarf sind für Eigentümer kein Thema mehr. Ein weiterer Aspekt ist die Absicherung für das „Alter“. Hat man eine Immobile bis zum Renteneintritt abbezahlt, wird man die Entlastung, „mietfrei“ zu wohnen, deutlich im Geldbeutel spüren. In Hinblick auf die weniger erfreulichen Rentenprognosen, bietet das Eigenheim eine große Chance, sich seinen Lebensstandard zu bewahren. Zudem haben Immobilien überwiegend eine gute Wertentwicklung, was zusätzlich für sie als Geldanlage spricht und somit auch ein „kleines“ Vermögen für die Nachkommen sichert. Der anhaltende Niedrigzins für Baukredite bietet zurzeit die besten Voraussetzungen, sich für ein Eigenheim zu entscheiden.

Welche Kosten kommen beim Hausbau auf mich zu?

Wohnungsbauprämie – ein Erfolgsmodell?
Der Staat fördert die Schaffung von Wohneigentum mit Maßnahmen, wie dem 2018 eingeführten Baukindergeld. Auch die Wohnungsbauprämie wird nach einer Änderungsvorlage der Bundesregierung ab dem Sparjahr 2021 attraktiver gestaltet. Für die jüngere Generation und Geringverdiener bietet die Prämie einen zusätzlichen Anreiz, sich den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Nach der bisherigen Regelung profitierten nur noch relativ wenige Menschen davon. Nach Entscheidung des Bundestags hat der Bundesrat der Neuregelung am 29. November 2019 zugestimmt. Damit steigt die Einkommensgrenze bei Alleinstehenden von 25.600 Euro auf 35.000 Euro und bei Verheirateten von 51.200 Euro auf 70.000 Euro im Jahr, unter der die Wohnungsbauprämie in Anspruch genommen werden kann. Die Grenze der förderfähigen Einzahlungen erhöht sich von 512 bzw. 1.024 Euro auf 700 bzw. 1.400 Euro und der Fördersatz steigt von 8,8 auf 10 Prozent. Angesichts der Preise pro Quadratmeter für Neubau-Wohnungen in Metropolen wie Berlin und München, die teilweise über 7.000 Euro, in München sogar über 12.000 Euro pro Quadratmenter liegen, ist die Prämie allerdings ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein.

Zahl der Woche: 5 Mrd. Euro für den Wohnungsbau bis 2021

Wohnraum ist ein menschliches Grundbedürfnis. Als Menschenrecht ist es festgeschrieben in Artikel 11 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte.  Aber der Wohnraum ist knapp und wird stetig knapper. Die auf dem Wohngipfel 2018 beschlossenen Maßnahmen einer Wohnraumoffensive der Bundesregierung sollen das Recht auf Wohnen auch in Zukunft sichern. Dazu sollen u.a. 1,5 Mio. neue Wohnungen und Eigenheime bis zum Ende der Legislaturperiode geschaffen werden, das heißt durchschnittlich 375.000 Wohnungen pro Jahr. Ob Luxus- oder Sozialwohnung, ob auf dem Land oder in der Stadt, mit knapp 600.000 neu gebauten Wohnungen in den letzten zwei Jahren liegt die Politik hinter ihren Zielvorgaben zurück. 2018 wurden in Deutschland nur 285.900 Wohnungen fertiggestellt. Das sind nur 0,4 % oder 1.100 Wohnungen mehr als im Jahr zuvor.

Sozialer Wohnungsbau im Fokus

Im Hinblick auf den sozialen Wohnungsbau sind die Ziele ebenso ambitioniert: 100.000 neue Sozialwohnungen sollen bis 2021 entstehen. Denn nur mit mehr bezahlbaren Wohnraum kann langfristig der Anstieg der Mietpreise ausgebremst werden.

Allerdings hat der Neubau in den letzten 20 Jahren nicht mit der Zuwanderung in die Metropolen und städtischen Ballungszentren Schritt gehalten. Berlin, Hamburg und München hatten über ein Prozent Zuwachs an Wohnbevölkerung in den letzten Jahren: Im Zeitraum vom 31.12.2011 bis 31.12.2017 hat Berlin jährlich 47.500 Einwohner (1,4% p.a.) hinzugewonnen, Hamburg 18.700 (1,1% p.a.), München 15.200 (1,1% p.a.). Die Folge: Aufgrund der hohen Nachfrage kommt es zu stark ansteigenden Preisen und damit einhergehend zu einem Mangel an bezahlbaren Wohnungen.

Wohnraumförderung: der Fünf-Milliarden-Boost

Neben dem Wohngeld, das Haushalte unter bestimmten Voraussetzungen beantragen können, ist der soziale Wohnungsbau eine weitere Säule der sozialstaatlichen Wohnpolitik. Mit insgesamt fünf Mrd. Euro hat die Regierung auf dem Wohngipfel 2018 beschlossen, die Wohnraumschaffung für Menschen mit geringem Einkommen zu unterstützen. In einigen Großstädten hat bereits jeder dritte Haushalt Anrecht auf eine Sozialwohnung.

Zum Jahreswechsel 2018/2019 galten in Deutschland rund 1,18 Mio. Sozialwohnungen als vermietet. Damit hat sich der Bestand in den letzten 15 Jahren halbiert. 1987 standen knapp vier Millionen Sozialwohnungen in den alten Bundesländern zur Verfügung und Ende der Neunziger Jahre hatte Gesamtdeutschland fast drei Millionen Sozialwohnungen im Bestand.

Trotz Förderung ist die Anzahl der staatlich bezuschussten Wohnungen gesunken. Denn Sozialwohnungen behalten ihren Status nur für 20 bis 30 Jahre. Dann fallen sie aus der Bindung und werden wieder „normal“ am Markt vermietet. Die Dauer der Bindung ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Der Ausgleich des aus der Bindung fallenden Bestands läuft schleppend: 2018 sank er trotz des Entstehens von 27.040 neuen Wohnungen um weitere 42.500 Sozialwohnungen. Fazit: 3,5 Prozent Rückgang im Vergleich zum Vorjahr.

Hochrechnungen zufolge wären aber sogar 80.000 zusätzliche Sozialwohnungen im Jahr nötig, um den Bedarf zu decken. Ein Bündnis mehrerer Verbände fordert sogar zwei Millionen Sozialwohnungen bis 2030.

Welche Bundesländer bauen „sozial“?

Beim Sozialbau in den Ländern ist die Verteilung heterogen. In Mecklenburg-Vorpommern wurden letztes Jahr nur 68 neue Sozialwohnungen gefördert, in Sachsen-Anhalt 20 und im Saarland keine. Bayern und Nordrhein-Westfalen förderten hingegen jeweils über 6.000 neue Wohnungen, in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg waren es immerhin jeweils über 3.000. Der Grund für die großen Unterschiede liegt auf der Hand: Die Länder stehen seit der Föderalismusreform I im Jahr 2006 eigenständig in der Pflicht, sozialen Wohnraum zu schaffen, mit Hilfe finanzieller Unterstützung des Bundes.

Mit dem Beschluss vom Wohngipfel 2018 stehen ihnen dafür fünf Mrd. Euro Bundesmittel zur Verfügung. Davon sind derzeit noch je eine Mrd. für 2020 und eine Mrd. für 2021 eingeplant. Die Mittel sind ab 2020 zweckgebunden. Das ist ein wichtiger Aspekt, denn bereits in den Jahren 2013 und 2014 wurden etwa eine Mrd. Euro und in den Jahren 2015 und 2016 sogar 1,5 Mrd. Euro für den sozialen Wohnungsbau bereitgestellt. Das Geld war damals nicht zweckgebunden und konnte von den Ländern in andere Projekte gesteckt werden wie z. B. den Straßenbau oder die Modernisierung von Bestandsbauten.

Deutscher Mieterbund fordert mehr Geld

Die Summe von einer Mrd. im Jahr wird dennoch nicht reichen. Laut dem Deutschen Mieterbund (DMB) müssten mindestens 6,5 Mrd. Euro jährlich bereitstehen. Damit könnte man einen Ausbau um zwei Millionen Sozialwohnungen bis 2030 erzielen. Um den früheren Stand an Sozialwohnungen zu erreichen, müsste man sogar noch weitaus mehr fördern.

Wie machen´s die Nachbarn?

Im sozialen Wohnungsbau hinken wir anderen Ländern hinterher. Ein Beispiel ist Österreich. Besonders Wien wird häufig als Vorbild für den sozialen Wohnungsbau genannt. Mit 1,9 Millionen Einwohnern ist Wien hinter Berlin die zweitgrößte Stadt im deutschsprachigen Raum. Trotz ihrer hohen Einwohnerzahl verfügt die Stadt über einen funktionierenden Mietmarkt. Wieso? Über die städtische Gesellschaft „Wiener Wohnen“ verwaltet die Stadt Wien 220.000 Wohnungen und ist damit Europas größter Immobilienverwalter. Statt ihre Bestände – wie viele deutsche Städte in den neunziger Jahren – zu verkaufen, wurde gebaut. Mieter des Wiener Modells haben nicht mit schmerzhaften Preiserhöhungen oder Kündigungen zu kämpfen. Die Wohnzufriedenheit ist hoch.

Beim Neubau gibt es in Wien strenge Regeln: So darf nur noch ein Drittel der Wohnfläche ungebunden verwendet werden. Zwei Drittel der Fläche sind dem sozialen Wohnbau mit einer maximalen Nettomiete von 5 Euro pro Quadratmeter vorbehalten. Wäre das auch eine Lösung für Deutschland? Natürlich hagelt es Kritik an solchen Modellen, denn diese können auch dazu führen, dass Investoren das Interesse an Neubauprojekten verlieren. Genf ist mit seinem Mietendeckel ein Negativbeispiel in dieser Hinsicht.

Fakt ist: Viele Menschen können die enormen Mieten in Metropolen nicht mehr zahlen. Schuld sind auch die deutschen Städte, die ihre Sozialwohnungen in den achtziger und neunziger Jahren unter der Privatisierungsägide verkauft haben. Nun kaufen sie zurück: Das Land Berlin macht es vor: 6.000 frühere Sozialwohnungen kauft die kommunale Gesellschaft Gewobag von Ado Properties, einem luxemburgischen Unternehmen, zurück.

Um den steigenden Bedarf zu decken wird das aber auch nicht reichen. Die Lösung kann nur heißen: Schaffung von neuem Wohnraum – es muss gebaut werden.

Die Zahl der Woche – 9,9 Mrd. Euro

Mit zwei großen Zielen wurde das Baukindergeld 2018 eingeführt: Zum einen soll es den Mietwohnungsmarkt entlasten, zum anderen eine langfristige Altersvorsorge für viele Familien schaffen.

Mehr als ein Jahr ist vergangen und das Ergebnis kann sich sehen lassen – zumindest für letzteres Vorhaben. So haben, Stand September 2019, bereits 135.000 Familien in Deutschland den Förderantrag bei der KfW gestellt. Besonders junge Familien mit kleineren und mittleren Einkommen sollen durch die Zulage einen Anreiz bekommen, ihr Eigenheim zu erwerben.

Hat das Baukindergeld seine Ziele erreicht?

Mit zusätzlich 1.200 Euro pro Kind pro Jahr, 10 Jahre lang, kommt eine ordentliche Summe zusammen! Aber landet es auch bei den Richtigen? Die Antwort ist „Ja“ und widerlegt somit die Prognose, das Baukindergeld sei eine Förderung derer, die sich sowieso eine Immobile leisten könnten. Die Bilanz des Innenministeriums gibt Aufschluss: 60 Prozent der bisherigen Antragsteller haben vor Steuern ein Haushaltseinkommen von maximal 40.000 Euro, mit Kindern meist im Vorschulalter. Ob der großzügige Zuschlag dennoch bei den enorm gestiegenen Immobilienpreisen der Top-Städte Abhilfe verschafft, ist ein anderes Thema der sowieso heiß diskutierten Wohnungsdebatte.

Insgesamt stehen 9,9 Mrd. Euro zur Verfügung. Von der Summe wurden mit Stand von September 2019 2,8 Mrd. Euro und damit rund ein Drittel bereits abgeschöpft. Muss man sich jetzt beeilen, um noch was vom Kuchen abzubekommen? Die Vergabe des Geldes erfolgt nach dem alt bewährten Windhundprinzip – wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Wenn der Topf leer ist, wird nicht nochmal nachgelegt – so heißt es aktuell. Die Befürchtungen sind jedoch unbegründet, denn es gibt viel Luft nach oben. Wenn die Antragsstellung so weiter verläuft wie bisher, reicht die Förderung bis über das Ende der Legislaturperiode hinaus. Insgesamt werden 833.333 Kindern von der Förderung profitieren können!

Wie sieht es im Hinblick auf die Wohnungsmarktproblematik aus? Schafft die Förderung die erhoffte Entlastung? Die Immobilienbranche ist sich darüber weitgehend einig: Nein, die neuen Zulagen könnten die Preise für Kaufimmobilien sogar weiter in die Höhe treiben oder die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen fördern, anstatt Abhilfe zu schaffen. Außerdem werden mit dem Baukindergeld vornehmlich Bestandsbauten erworben, der Neubau bleibt also auf der Strecke.

Die Förderung dient nicht jedem

Kritik hagelt es auch von Seiten derer im Volk, die mitzahlen und nicht profitieren, nämlich die oft einkommensstarken, aber kinderlosen Familien und Singles. Der größte Ärger zum Thema „Benachteiligung“ droht aber seitens der EU-Kommission: Sie befürchtet, das Baukindergeld könne EU-Bürger aus anderen Ländern benachteiligen, die in Deutschland arbeiten, aber nicht dort wohnen. Der Standpunkt des Bundesministeriums bleibt dazu weiter klar: „Ziel des Baukindergeldes ist vor allem die Schaffung von mehr Wohnraum und die Erhöhung der Wohneigentumsquote von Familien mit Kindern in Deutschland.“

Fazit: Das Baukindergeld zeigt Erfolg und kann Familien beim Vorhaben Eigentum zu bilden entlasten. Allerdings ist es nicht das Mittel der Wahl, wenn es darum geht, die Kaufpreisentwicklung und den Neubau positiv zu beeinflussen. Und auch die Benachteiligung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen beim Konzept des Baukindergeldes muss bei der Bewertung berücksichtigt werden.

Für alle Familien, die Eigentumserwerb planen, ist der letzte mögliche Tag zur Antragsstellung der 31.12.2023. Mehr Infos zu den Kriterien und die Formulare zur Antragsstellung findet ihr auf der Seite der KfW.

Zahl der Woche: 5 Mrd. Euro für den Wohnungsbau bis 2021

Wohnraum ist ein menschliches Grundbedürfnis. Als Menschenrecht ist es festgeschrieben in Artikel 11 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte.  Aber der Wohnraum ist knapp und wird stetig knapper. Die auf dem Wohngipfel 2018 beschlossenen Maßnahmen einer Wohnraumoffensive der Bundesregierung sollen das Recht auf Wohnen auch in Zukunft sichern. Dazu sollen u.a. 1,5 Mio. neue Wohnungen und Eigenheime bis zum Ende der Legislaturperiode geschaffen werden, das heißt durchschnittlich 375.000 Wohnungen pro Jahr. Ob Luxus- oder Sozialwohnung, ob auf dem Land oder in der Stadt, mit knapp 600.000 neu gebauten Wohnungen in den letzten zwei Jahren liegt die Politik hinter ihren Zielvorgaben zurück. 2018 wurden in Deutschland nur 285.900 Wohnungen fertiggestellt. Das sind nur 0,4 % oder 1.100 Wohnungen mehr als im Jahr zuvor.

Sozialer Wohnungsbau im Fokus

Im Hinblick auf den sozialen Wohnungsbau sind die Ziele ebenso ambitioniert: 100.000 neue Sozialwohnungen sollen bis 2021 entstehen. Denn nur mit mehr bezahlbaren Wohnraum kann langfristig der Anstieg der Mietpreise ausgebremst werden.

Allerdings hat der Neubau in den letzten 20 Jahren nicht mit der Zuwanderung in die Metropolen und städtischen Ballungszentren Schritt gehalten. Berlin, Hamburg und München hatten in den letzten Jahren über ein Prozent Zuwachs an Wohnbevölkerung pro Jahr: Im Zeitraum vom 31.12.2011 bis 31.12.2017 hat Berlin jährlich 47.500 Einwohner (1,4% p.a.) hinzugewonnen, Hamburg 18.700 (1,1% p.a.), München 15.200 (1,1% p.a.). Die Folge: Aufgrund der hohen Nachfrage kommt es zu stark ansteigenden Preisen und damit einhergehend zu einem Mangel an bezahlbaren Wohnungen.

Wohnraumförderung: der Fünf-Milliarden-Boost

Neben dem Wohngeld, das Haushalte unter bestimmten Voraussetzungen beantragen können, ist der soziale Wohnungsbau eine weitere Säule der sozialstaatlichen Wohnpolitik. Mit insgesamt fünf Mrd. Euro hat die Regierung auf dem Wohngipfel 2018 beschlossen, die Wohnraumschaffung für Menschen mit geringem Einkommen zu unterstützen. In einigen Großstädten hat bereits jeder dritte Haushalt Anrecht auf eine Sozialwohnung.

Zum Jahreswechsel 2018/2019 galten in Deutschland rund 1,18 Mio. Sozialwohnungen als vermietet. Damit hat sich der Bestand in den letzten 15 Jahren halbiert. 1987 standen knapp vier Millionen Sozialwohnungen in den alten Bundesländern zur Verfügung und Ende der Neunziger Jahre hatte Gesamtdeutschland fast drei Millionen Sozialwohnungen im Bestand.

Trotz Förderung ist die Anzahl der staatlich bezuschussten Wohnungen gesunken. Denn Sozialwohnungen behalten ihren Status nur für 20 bis 30 Jahre. Dann fallen sie aus der Bindung und werden wieder „normal“ am Markt vermietet. Die Dauer der Bindung ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Der Ausgleich des aus der Bindung fallenden Bestands läuft schleppend: 2018 sank er trotz des Entstehens von 27.040 neuen Wohnungen um weitere 42.500 Sozialwohnungen.

Fazit: 3,5 Prozent Rückgang im Vergleich zum Vorjahr.

Hochrechnungen zufolge wären aber sogar 80.000 zusätzliche Sozialwohnungen im Jahr nötig, um den Bedarf zu decken. Ein Bündnis mehrerer Verbände fordert sogar zwei Millionen Sozialwohnungen bis 2030.

Welche Bundesländer bauen „sozial“?

Beim Sozialbau in den Ländern ist die Verteilung heterogen. In Mecklenburg-Vorpommern wurden letztes Jahr nur 68 neue Sozialwohnungen gefördert, in Sachsen-Anhalt 20 und im Saarland keine. Bayern und Nordrhein-Westfalen förderten hingegen jeweils über 6.000 neue Wohnungen, in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg waren es immerhin jeweils über 3.000. Der Grund für die großen Unterschiede liegt in der Föderalismusreform I im Jahr 2006. Seitdem sind die Länder eigenständig in der Pflicht, sozialen Wohnraum zu schaffen, allerdings mit Hilfe finanzieller Unterstützung des Bundes.

Mit dem Beschluss vom Wohngipfel 2018 stehen ihnen dafür fünf Mrd. Euro Bundesmittel zur Verfügung. Davon sind derzeit noch je eine Mrd. für 2020 und eine Mrd. für 2021 eingeplant. Die Mittel sind ab 2020 zweckgebunden. Das ist ein wichtiger Aspekt, denn bereits in den Jahren 2013 und 2014 wurden etwa eine Mrd. Euro und in den Jahren 2015 und 2016 sogar 1,5 Mrd. Euro für den sozialen Wohnungsbau bereitgestellt. Das Geld war damals nicht zweckgebunden und konnte von den Ländern in andere Projekte gesteckt werden wie z. B. den Straßenbau oder die Modernisierung von Bestandsbauten.

Deutscher Mieterbund fordert mehr Geld

Die Summe von einer Milliarde Euro im Jahr wird dennoch nicht reichen. Laut dem Deutschen Mieterbund (DMB) müssten mindestens 6,5 Mrd. Euro jährlich bereitstehen. Damit könnte man einen Ausbau um zwei Millionen Sozialwohnungen bis 2030 erzielen. Um den früheren Stand an Sozialwohnungen zu erreichen, müsste man sogar noch weitaus mehr fördern.

Wie machen´s die Nachbarn?

Im sozialen Wohnungsbau hinken wir anderen Ländern hinterher. Ein Beispiel ist Österreich. Besonders Wien wird häufig als Vorbild für den sozialen Wohnungsbau genannt. Mit 1,9 Millionen Einwohnern ist Wien hinter Berlin die zweitgrößte Stadt im deutschsprachigen Raum. Trotz ihrer hohen Einwohnerzahl verfügt die Stadt über einen funktionierenden Mietmarkt. Wieso? Über die städtische Gesellschaft „Wiener Wohnen“ verwaltet die Stadt Wien 220.000 Wohnungen und ist damit Europas größter Immobilienverwalter. Statt ihre Bestände – wie viele deutsche Städte in den neunziger Jahren – zu verkaufen, wurde gebaut. Mieter des Wiener Modells haben nicht mit schmerzhaften Preiserhöhungen oder Kündigungen zu kämpfen. Die Wohnzufriedenheit ist hoch.

Beim Neubau gibt es in Wien strenge Regeln: So darf nur noch ein Drittel der Wohnfläche ungebunden verwendet werden. Zwei Drittel der Fläche sind dem sozialen Wohnbau mit einer maximalen Nettomiete von 5 Euro pro Quadratmeter vorbehalten. Wäre das auch eine Lösung für Deutschland? Es gibt auch Kritik an solchen Modellen, denn diese können auch dazu führen, dass Investoren das Interesse an Neubauprojekten verlieren. Genf ist mit seinem Mietendeckel ein Negativbeispiel in dieser Hinsicht.

Fakt ist: Viele Menschen können die enormen Mieten in Metropolen nicht mehr zahlen. Schuld sind auch die deutschen Städte, die ihre Sozialwohnungen in den achtziger und neunziger Jahren unter der Privatisierungsägide verkauft haben. Nun kaufen sie zurück: Das Land Berlin macht es vor: 6.000 frühere Sozialwohnungen kauft die kommunale Gesellschaft Gewobag von Ado Properties, einem luxemburgischen Unternehmen, zurück.

Um den steigenden Bedarf zu decken wird, das aber auch nicht reichen. Die Lösung kann nur heißen: Schaffung von neuem Wohnraum – es muss gebaut werden.